Fünf Wochen danach steht ihr Vater,
der thüringische DGB- Funktionär Klaus Schüller, vor der Badenia-Zentrale in
Karlsruhe und kämpft mit den Tränen. «Die Badenia hat mir meine Tochter
weggenommen», sagt er. Rund 50 Demonstranten haben sich am Freitag
versammelt, um gegen Immobilienbetrug zu protestieren. Sie fordern die
viertgrößte Bausparkasse Deutschlands zum Einlenken und zu einvernehmlichen
Lösungen mit den Geschädigten auf.
«Die Leute wollen 'raus aus der
Immobilien- und Schuldenfalle», sagt der Anwalt der Opfer, Julius Reiter aus
Düsseldorf. Zusammen mit der ehemaligen Vertriebsfirma Heinen & Biege habe
die Badenia Geringverdienern, die anderswo kaum einen Kredit erhalten
hätten, überteuerte «Schrott-Immobilien» angedreht - mit unseriösen
Finanzierungen. Der Ex-Finanzvorstand von Badenia, Elmar Agostini, habe im
Beirat von Heinen & Biege gesessen und mit der Vermittlungsfirma gemeinsame
Sache gemacht.
Die Bausparkasse, eine Tochterfirma
der AMB Generali, weist jede Mitschuld von sich. Juristisch hat sie bisher
die besseren Karten. Dutzende Zivilprozesse gingen zu ihren Gunsten aus.
Doch jetzt ermittelt die Staatsanwaltschaft Mannheim wegen Betrugs gegen
ehemalige Mitarbeiter des Unternehmens. Die Ermittler schöpfen auch deshalb
Verdacht, weil für die Darlehen eine Tilgungsfrist von etwa 32 Jahren
vereinbart wurde - üblich sind bei Bausparverträgen nur etwa 12 Jahre.
Klaus Schüller wirft der Badenia
ein unfaires Vorgehen vor: «Zu unserem Entsetzen mussten wir im Nachhinein
feststellen, dass die Badenia an den von Anja eingeschalteten Anwälten
vorbei massivst per Gerichtsvollzieher und Ankündigung von Gehaltspfändungen
Druck gemacht hatte. Wir sind davon überzeugt, dass unsere Tochter Anja noch
leben könnte, wenn die Badenia den üblichen Weg über das eingeschaltete
Anwaltsbüro eingehalten hätte.»
Bundesweit soll es 300 000 Opfer
von Immobilienbetrug geben. Auch andere Banken stehen in der Kritik. Die
Badenia sei aber besonders unnachgiebig, sagt Rechtsanwalt Reiter. Der
Selbstmord von Anja Schüller sei kein Einzelfall: «Sie ist das vierte
Badenia-Opfer und wir fürchten, dass es mehr werden.»
Foto: Ronald Wittek,dpa;
Von Bernward Loheide/hg/dpa
23.10.2004