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"... das wenden die Leute heut' ein: Der Vermittler damals hat gesagt, brauchst' dich darum nicht zu kümmern, brauchst' auch kein Geld zu haben. Das regelt sich alles von selber. Und lass' 20 Jahre 'rumgehen, dann gehört dir die Hütte und du hast 'ne prima Altersversorgung. Und dann frag' ich mich immer: Wer ist denn so blauäugig? Denn - wenn das zuträfe - dann kann er sich die ganze Bundesrepublik kaufen." (O-Ton BADENIA-Chef Dietrich Schröder in der ZDF-Sendung Mona-Lisa am 30.10.2004
 

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Freies Wort Meiningen vom 08.11.2004

Der silberblaue Abschiedsbrief

 

  „Hallo Ihr Zwei! Mal gewinnt man, mal verliert man! Ich habe nicht mehr die Kraft zu kämpfen, um irgendwann einmal zu gewinnen“, hat sie geschrieben mit einem silbernen Stift auf blauem Papier. Ein schöner Brief. Sie hatte eine schöne Handschrift, geschmackvoll, vielleicht ein bisschen verträumt.

Es war Freitag. Klaus Schüller kam aus Erfurt von der Arbeit. In Meiningen stand er, vor der Feuerwehr. Er war fast zu Hause, es war 16.30 Uhr, als sein Handy klingelte. Seine Frau war dran: Anja habe einen Brief geschickt. „Sag’ Vati bitte, dass er mich nach Hause holen soll“, stand darin – und mit Tesafilm war ihr Wohnungsschlüssel aufgeklebt. Sie war Krankenschwester, ihr Traumberuf. Sie arbeitete in der Uni-Klinik Würzburg. Jetzt war es der 17. September 2004, um 16.30 Uhr.


Klaus Schüller, 54 Jahre alt, stand in Meiningen und war nicht mehr hauptberuflicher Gewerkschafter beim DGB, ein Mann, der selbst im Anzug noch nach Werkstatt, Spänen und Brotzeit riecht. Er war nicht mehr linker Sozialdemokrat aus dem Arbeitnehmerflügel. Er war ein Vater am Rande des Nervenzusammenbruchs. Sie war 28 Jahre alt. Sie wohnte in Würzburg in der Augustinerstraße, 4. Stock. Er raste los. Ein Jahr zuvor erst hatte er seinen Urlaub geopfert, um ihr die Wohnung zu renovieren: hellblau und orange. Das waren ihre Lieblingsfarben. Es war doch eine schöne Wohnung.

Die Fenster standen offen. Er bemerkte es sofort, als er auf den Hof einbog. Er stürmte die Treppen hoch. Ihre Wohnung war klein, die Türen standen offen, vom Flur konnte man alle Zimmer einsehen. Auch das Schlafzimmer. Dort lag sie. Im Bett, „eingekuschelt“, den Kopf auf dem linken Arm. Er schläft auch so. Sie ist seine Tochter. „Gott sei Dank“, hat er gedacht, sie schläft. „Anja“, rief er. Einen winzigen Moment lang war er glücklich. Er ging hin, um sie zu wecken. Er streichelte ihr über den Kopf, wie man das bei seinen Kindern ein Leben lang getan hat. Wenn er von diesem Augenblick erzählt, beben seine massigen Lippen. Sie wollen den nächsten Satz nicht heraus lassen, sie wollen sich weigern. „Da hab’ ich gespürt, dass sie kalt war.“ Jetzt sah er die Infusion, die an einem Haken in der Wand hing, den Schlauch, der zu ihrem Handrücken führte, die blauen Pünktchen auf ihren Lippen.

„Ist das nicht eine merkwürdige Art mit dem Tod seiner Tochter fertig zu werden“, fragt Klaus Schüller. Er hat seitdem ständig Termine: Das Fernsehteam von Mona Lisa dreht bei ihm, der Stern war da, nach Leipzig ist er gefahren zur Sendung „Ein Fall für Escher“. Die Trauer? Sie darf jetzt nicht ihr schwarzes Tuch über ihn werfen. Er ist auf der Flucht vor ihr. Er muss anklagen im Namen seiner Tochter. Er hat einen schwarz umrandeten offenen Brief geschrieben „an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Badenia-Bausparkasse in Karlsruhe und Deutschland“. In dem Brief steht: „Wir werfen der Badenia, nach allem, was wir heute wissen, vor, dass sie unsere Tochter Anja in den Tod getrieben hat.“ Anja Schüller lag in Würzburg in ihrem Bett. Auf den Tisch hatte sie nicht nur den blauen Abschiedsbrief gelegt, in dem stand, sie habe nicht mehr die Kraft zu kämpfen, sondern auch einen Zwangsvollstreckungsbescheid der Badenia über 70 046,99 Euro. Der Bescheid wurde ihr vermutlich um den 7. September herum zugestellt.

Am 12. September hat sie angerufen in Meiningen. „Sie klang sehr fröhlich“, sagt Klaus Schüller. „Hast du Probleme Kind“, hat er gefragt. „Ne, ne Papa“, habe sie geantwortet. Am 13. September meldete sie sich noch einmal bei ihrer Mutter. Sie habe Himbeertorte gebacken und sich einen Blumenstrauß gekauft, erzählte sie. „Die Torte gibt’s doch nur am Geburtstag bei uns“, wunderte sich Heimgard Schüller. „Weißt du Mutti“, sagte Anja, „ich hab’ jetzt mein Ziel. Da arbeite ich drauf hin.“

In ihrem blauen Abschiedsbrief stand: „Ihr habt es zwar nicht gemerkt; aber ich habe mir die Zeit genommen, um mich von euch zu verabschieden.“ Hätte er es merken können? Die Falten in Klaus Schüllers gutmütigem Bulldoggengesicht schwimmen in Verzweiflung. Kann man so etwas spüren? Hat er sie falsch eingeschätzt? „Sie war so ein kämpferisches Mädchen“, sagt er. „Ich hab’ immer gedacht, sie ist stark.“ Er wusste , dass sie Probleme hatte. „Anja, die können dir nicht alles wegnehmen“, hat er zu ihr gesagt, „aber ich kannte den Freibetrag nicht.“ Er hat ihr geraten in die Privatinsolvenz zu gehen. Die Gehaltspfändung wäre sechs Jahre gelaufen. Rund 300 Euro hätten sie ihr wegnehmen können von den 1378 Euro Nettolohn, den sie als Krankenschwester verdiente. Nach sechs Jahren wäre sie schuldenfrei gewesen, nach ihrem 34. Geburtstag. Aber sie saß bei ihrer Chefin in der Uni-Klinik und hat „bitterlich geweint. Weil sie sich so geschämt hat“, erzählt Klaus Schüller. Er hat es erst danach erfahren. Zu spät. Sie war tot.

Anja Schüller ist der vierte Selbstmord, den Badenia-Kritiker der Bausparkasse vorwerfen. „Solche Leute rackern sich lieber zu Tode, die holen sich lieber das Leben, als vom Kopf her zu sagen: Jetzt gehen wir sechs Jahre in die Insolvenz, dann sind wir schuldenfrei“, erklärt Medard Fuchsgruber, der Sprecher der Aktionsgemeinschaft Badenia-Opfer. Absichtlich, sagt er, seien solche kleinen, anständigen Menschen - Krankenschwestern, Straßenkehrer, Busfahrer ohne Eigenkapital als Kunden ausgesucht worden. Dubiose Vermittlerfirmen sollen ihnen in den 90er Jahren völlig überteuerte Schrottwohnungen angedreht haben. Im Preis steckten Provisionen bis zu 30 Prozent für die Vermittler.

In über 8000 Fällen finanzierte den Kauf die Badenia. Der Wohnungsverkauf durch die Immobilienfirma und der Kredit bei der Badenia wurden üblicherweise im Paket angeboten. So auch bei Anja Schüller. Sie hatte sich im Jahr 1999 eine 52 Quadratmeter große Plattenbauwohnung in Chemnitz aufschwatzen lassen, renoviert, gelegen an der stark befahrenen Annabergstraße, in schwierigem sozialen Milieu. „Es war die erste große Sache, die sie selbst entschieden hat. Sie hatte das Gefühl, sie hat was Gutes gemacht“, sagt Klaus Schüller.

Anja wohnte zu dem Zeitpunkt noch nicht lange in Würzburg. Sie dachte an ihre Alterssicherung. Wie viele der anderen Kleinverdiener hoffte sie Steuern zu sparen, als sie Ende 1999 das Darlehen für den Wohnungskauf bei der Badenia aufnahm, indem sie zwei hintereinander geschaltete Bausparverträge unterschrieb über 68000 und 69000 Mark. Es war das übliche Finanzierungsmodell: sehr komplex, sehr schwer durchschaubar, sehr tückisch, am Anfang mit sehr kleinen Raten für sehr kleine Leute - und kaum einer Tilgung. Was dazu führte, dass der erste Bausparvertrag in der Regel erst nach 14 oder 15 Jahren zuteilungsreif war, was wiederum bedingte, dass man über die ganze Zeit bis zur Zuteilungsreife den Zins über den vollen aufgenommenen Darlehensbetrag zu zahlen hatte. Bei Anja belief sich das Darlehen auf fast 140000 Mark.

Nach der endlich erfolgten Zuteilung des ersten Bausparvertrages hatte man immer noch den kompletten Zins für das restliche Darlehen in Höhe des zweiten Bausparvertrages zu zahlen, dessen Ansparung nach 14 oder 15 Jahren erst begann und etwa 12 bis 13 Jahre dauern würde. Außerdem fielen jetzt die Zinsen an für das bei Zuteilung des ersten Vertrages ausgereichte Bauspardarlehen über 60 Prozent der Vertragssumme. Sie waren zu entrichten. Und tilgen musste man ja irgendwann auch noch bei selten steigenden, häufig aber fallenden Mieteinnahmen. Die anfangs niedrigen Monatsraten kletterten deshalb in schöner Regelmäßigkeit. Das dicke Ende bei diesen Verträgen kam später. In der Regel, sagt Bernd Müller, vereidigter Sachverständiger für private Baufinanzierung bei der Industrie und Handelskammer des Saarlandes, seien diese „wahnsinnigen Bauspardarlehen“ erst nach 34 bis 36 Jahren getilgt.

Bei Anja Schüller wären es 34 Jahre und 10 Monate gewesen. In dieser Zeit hätte sie, laut Bernd Müller, 33 Prozent mehr Geld an die Badenia zahlen müssen, im Vergleich zu einem normalen Annuitätendarlehen von gleicher Höhe und identischem Zinssatz, dessen Finanzierung spätestens nach 23 oder 24 Jahren abgeschlossen sei. Die Materie war reichlich kompliziert für eine 23jährige Krankenschwester. Drei mal sprach der Vermittler Axel A., der sie telefonisch geworben hatte, bei Anja Schüller vor: Hat er ihr den Sachverhalt korrekt erklärt? Kümmerte er sich um Anja? Oder kümmerte er sich um seine Provision? Beim dritten Besuch unterschrieb sie die ersten Verträge. Alternative Finanzierungsmöglichkeiten seien nicht besprochen worden. Sie sei nicht darüber aufgeklärt worden, dass es sich um eine sehr nachteilige Art der Finanzierung handelte, gab sie später an.

Irgendwann muss sie gemerkt haben, welch tückischem Geschäft sie aufgesessen war. Sie zahlte nicht mehr. Stattdessen engagierte sie die Düsseldorfer Anwaltskanzlei Reiter & Collegen, die mehrere hundert Badenia-Opfer vertritt. Die Kanzlei versuchte einen Vergleich für Anja Schüller zu erwirken - vergeblich. Bis zu ihrem Tod, so schreibt sie, sei Anja Schüller „von der Badenia kein akzeptables und verbindliches Vergleichsangebot unterbreitet worden.“ Die Badenia habe sich bis zuletzt geweigert, Kunden, die mehr als 100 Euro über der Pfändungsfreigrenze von 980 Euro verdienen, Erledigungsvergleiche zu unterbreiten. „Frau Schüller hat diese Grenze geringfügig überschritten. Trotz laufender Verhandlungen ist an den Anwälten vorbei, ohne unmittelbare Ankündigung und daher für Frau Schüller völlig überraschend, kurz vor ihrem Tode die Zwangsvollstreckung durchgeführt worden... Wie schon nach den früheren Selbstmordfällen stellt sich die Badenia ihrer Verantwortung nicht.“ Soweit die Stellungnahme von Anja Schüllers Anwaltskanzlei Reiter & Collegen.

Die Badenia weist dies zurück. Sie erhebt ihrerseits Vorwürfe gegen Anja Schüllers Anwälte: Deren Behauptungen seien unzutreffend, von der Mandantin eingereichte Unterlagen seien von der Kanzlei nicht an die Badenia weitergeleitet worden, die Badenia habe in Schreiben, die unbeantwortet geblieben seien, mehrfach ihre Bereitschaft zu einem Vergleich mit Frau Schüller angeboten, zuletzt Anfang September zehn Tage vor deren Selbstmord. – Zur selben Zeit allerdings ging auch der Pfändungsbescheid der Badenia über 70000 Euro ein bei Anja Schüller, in der Augustinerstraße in Würzburg. „Alle mir bekannten Fakten bestätigen, dass die Badenia Verzögerungen und Versäumnisse zu verantworten hat, die zur Verzweiflung von Anja Schüller geführt haben“, schreibt Gerhart Baum, Rechtsanwalt und ehemaliger Innenminister der Bundesrepublik Deutschland, an Wolfgang Kaske, den Aufsichtsratsvorsitzenden des Finanzkonzerns AMB Generali Holding, dessen Tochtergesellschaft die Badenia ist. Gerhart Baum arbeitet mit der Düsseldorfer Kanzlei, die Anja Schüller vertrat, zusammen. In einem Brief an die Eltern der jungen Frau schreibt er: „“Wir waren seit Mai 2003 die Anwälte ihrer Tochter gegenüber der Badenia. Wir sind über ihren Tod besonders bestürzt, weil er zeigt, wie zynisch und menschenverachtend die Badenia mit Menschen umgeht, die von ihr bzw. ihren Geschäftspartnern getäuscht und übervorteilt worden waren.“ Und weiter: „Die Umstände des Todes ihrer Tochter bringen uns zu dem Schluss. Ihre Tochter ist ein Badenia-Opfer. Mindestens drei weitere Selbstmorde hat der Badenia-Skandal verursacht.“

Die Umstände ihres Todes waren so, dass der Pfändungsbescheid gleich neben ihrem Abschiedsbrief lag. Sie wünschte sich einen kleinen Grabstein. Bei ihrer Beerdigung sollten zwei Gedichte vorgelesen werden, die sie geschrieben hatte. Eines heißt: „Ich wünsche mir eine Hand – eine Hand, die mir aufhilft, wenn ich in die Tiefe gestürzt bin. Eine Hand, die mich stützt, wenn ich über einen schweren Weg gehe. Eine Hand, die mich streichelt, wenn ich alleine bin. Eine Hand, die mich festhält. Festhält in meinem eigenen Leben.“ Kann sich jemand ausmalen, wie es für ihn gewesen sein muss, als er dieses Gedicht am Grab seiner Tochter vortrug? Auch Klaus Schüller ist finanziell nicht auf Rosen gebettet. Er hat noch Verpflichtungen, er hat auch ein paar Sorgen. Anja wusste es. „Vielleicht hat sie gedacht, der Papa kann nicht mehr.“ Vielleicht hat sie deshalb nicht gewagt, nach seiner Hand zu greifen. Vielleicht... Rinnsale der Verzweiflung bahnen sich ihren Weg über sein Gesicht. Er wird es nie erfahren. „Sie war ein sehr stolzes Mädchen“, sagt er.

 

   

Grafiken, im Jahre 2002 entworfen von  Andreas Leithäuser an der Uni Weimar nach einem Vortrag über Schrottimmobilien

 

Wer sich als Politiker nur einen Zentimeter Banken und Versicherungen nähert, entfernt sich meilenweit vom Verbraucher!

Wie macht man mit einer deutschen Bank ein kleines Vermögen?   ==>   Antwort hier

Hausmüll wird auf der Mülldeponie entsorgt, Schrottimmobilien beim Verbraucher

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Stand: 15. Januar 2008