Karlsruhe - Stolpern die Verantwortlichen der
Badenia über ein selbst in Auftrag gegebenes Gutachten? Am 24. Mai
2002 hatte der Vorstand der Bausparkasse die
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCooper (PwC)
veranlasst, das von Heinen & Biege (H&B) und der "Köllner Gruppe"
vermittelte Kreditgeschäft zu überprüfen. Die beiden Firmen hatten in
den neunziger Jahren überteuerte Eigentumswohnungen an Kleinanleger
verkauft. Das Gutachten kommt zu dem Ergebnis, dass H&B bereits seit
1998 nur noch als Strohmann der Badenia fungiert hat.
Die Wirtschaftsprüfer stellen fest, dass "die
Badenia Heinen & Biege zur Überbrückung einer seit 1995 andauernden
Liquiditätskrise mehrere Darlehen und sonstige Finanzierungshilfen"
gewährt habe. Die Rückzahlung der Darlehen sei vom Absatzerfolg von
H&B abhängig gewesen. Diesen Interessenkonflikt hätte die Bausparkasse
nicht thematisiert. Für Badenia-Sprecher Rainer Thurmann werde mit
diesen Vorwürfen nur versucht, einen "Sturm im Wasserglas" zu
erzeugen. Die Fakten seien "alt und bekannt". Vorstandsvorsitzender
Dietrich Schroeder verteidigte die Position der Badenia: "Wir haben
die Immobilien, die heute manchen Leuten Not machen, finanziert. Wir
haben sie nicht vermittelt."
Der "größte und am besten dokumentierte
Immobilienskandal"?
Nach Auffassung der Gutachter ist diese
Rechtsauffassung allerdings angreifbar. Die Badenia habe nicht
ausreichend über die Risiken des Immobilienkaufs informiert und müsse
daher mit einer "Rückzahlung der Darlehen und Erstattung der bereits
erbrachten Darlehensraten" rechnen. Der frühere Bundesinnenminister
und Rechtsanwalt Gerhard Baum, der zusammen mit der Düsseldorfer
Kanzler Reiter & Collegen rund 300 Badenia-Kunden betreut, forderte
als erste Reaktion den Rücktritt des Vorstandes: "Die 2001/2002 neu
gebildete Führungcrew der Badenia hat offensichtlich nicht
dazugelernt, obwohl sie genau informiert war."
Für Baum handelt es sich, um den "größten
und, wie ich meine, am besten dokumentierten Immobilienskandal in
Deutschland". PwC geht in dem Gutachten davon aus, dass rund 4.450
Kreditnehmer betroffen sind. Das gesamte Finanzierungsvolumen beträgt
315 Millionen Euro. Vier der Badenia-Opfer haben in den vergangenen
Jahren Selbstmord begangen. Erst vor kurzem hatten Kunden ihrer Wut
auf einer Demonstration vor der Karlsruher Badenia-Zentrale Luft
gemacht (ka-news
berichtete).
In einer Pressemitteilung distanzierte sich
Reiter & Collegen von dem Vorwurf, die Kanzlei habe die Klienten Anja
Schüller, die sich vor knapp zwei Monaten das Leben genommen hatte,
nicht rechtzeitig über ein Vergleichsangebot informiert: "'Reiter &
Collegen' hatten ihrerseits am 12.11.2004 gegen den
Vorstandsvorsitzenden der Badenia eine einstweilige Verfügung erwirkt.
Ihm wird folgende Äußerung vorläufig untersagt: 'Wir haben uns mit der
armen Frau Schüller nicht einigen können, weil das Angebot bei ihr
nicht angelandet ist. Es liegt bei den Anwälten...'" (tmh)
Meldung vom Dienstag, 16. November
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