"... das wenden die Leute
heut' ein: Der Vermittler damals hat gesagt, brauchst' dich darum nicht zu
kümmern, brauchst' auch kein Geld zu haben. Das regelt sich alles von selber.
Und lass' 20 Jahre 'rumgehen, dann gehört dir die Hütte und du hast 'ne prima
Altersversorgung. Und dann frag' ich mich immer: Wer ist denn so blauäugig? Denn
- wenn das zuträfe - dann kann er sich die
ganze Bundesrepublik kaufen." (O-Ton
BADENIA-Chef Dietrich Schröder in der ZDF-Sendung Mona-Lisa am 30.10.2004
Tausende Anleger haben
von der Bausparkasse finanzierte Schrottimmobilien gekauft. Ein
zurückgehaltenes Gutachten weist dem Geldinstitut schwere Versäumnisse
bei der Finanzierung und mangelhafte Aufklärung nach.
Schrottimmobilien will keiner kaufen schon gar nicht überteuerte.
Foto: ddp
Die Badenia hat das
entsprechende Gutachten eines Wirtschaftsprüfers unter Verschluss
gehalten, das dem Geldinstitut schwere Versäumnisse bei der Finanzierung
so genannter Schrottimmobilien nachweist.
Anlegerschützer werfen der Badenia nun vor, Öffentlichkeit und Gerichte
bewusst hinters Licht geführt zu haben.
Nach Informationen der SZ hat die Staatsanwaltschaft inzwischen
auch Geschäftsräume der Badenia durchsucht.
Der Vorstand der Badenia beauftragte am 24. Mai 2002 die
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC), das von
der Heinen & Biege (H & B) und der Köllner Gruppe vermittelte
Kreditgeschäft zu prüfen.
Wohnungen zu überhöhten Preisen
Die beiden
Vermittlerfirmen waren darauf spezialisiert, Eigentumswohnungen als
steuersparende Kapitalanlage an Kleinanleger zu verkaufen.
In den neunziger Jahren wurden dabei etwa 8400 Wohnungen, teilweise aus
dem Bestand der Neuen Heimat, veräußert häufig mit falschen
Versprechungen und zu völlig überhöhten Preisen, wie sich inzwischen
herausgestellt hat. Viele der Anleger stehen nun vor dem Ruin.
Die Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Wirtschaftsstrafsachen in Mannheim
ermittelt deshalb gegen den früheren Badenia-Finanzvorstand wegen
Betrugs. In Dortmund wird gegen H & B ebenfalls wegen Betrugs ermittelt.
Büros durchsucht
Wie die
Staatsanwaltschaft Mannheim der Süddeutschen Zeitung bestätigte,
haben die Ermittler inzwischen auch am 21. September 2004 die Zentrale
der Badenia in Karlsruhe und einige Vermittlerbüros durchsucht.
Die viertgrößte deutsche Bausparkasse selbst hat sich bisher stets auf
den Standpunkt gestellt, dass sie mit den umstrittenen
Geschäftspraktiken der Vermittler nichts zu tun habe.
Das 77 Seiten lange Gutachten der Wirtschaftsprüfer von PwC ergibt
jedoch ein ganz anderes Bild.
In der Untersuchung, die der SZ und dem Südwestrundfunk
vorliegt, der am Montag in Report Mainz (ARD, 21 Uhr) darüber
berichten wird, heißt es: Die Badenia hat Heinen & Biege zur
Überbrückung einer seit 1995 andauernden Liquiditätskrise mehrere
Darlehen und sonstige Finanzierungshilfen gewährt. Die Rückführung der
Darlehen war vom Absatzerfolg von Heinen & Biege abhängig. Über diesen
Interessenkonflikt hätte die Badenia die Kunden aufklären müssen.
Nur als Strohmann fungiert
Die Anleger könnten daher
als Schadenersatz von der Badenia Freistellung von der Rückzahlung der
Darlehen und Erstattung der bereits erbrachten Darlehensraten verlangen.
Dies betrifft ca. 3300 Darlehensnehmer mit einem Finanzierungsvolumen
ursprünglich von etwa 230 Millionen Euro.
Weiter führen die Gutachter aus: Heinen & Biege war spätestens ab 1998
von der Badenia finanziell abhängig. Die Bausparkasse habe seitdem die
Geschäftstätigkeit von H & B derart beeinflusst, dass Heinen & Biege
nur noch als Strohmann fungiert hat. Sie hat dadurch ihre Rolle als
Kreditgeberin erheblich überschritten, sodass sie über die Risiken des
Erwerbs einer Immobilie hätte aufklären müssen.
Betroffen sind nach Angaben der Gutachter davon 1150 Darlehensnehmer mit
einem Finanzierungsvolumen von etwa 85 Millionen Euro.
"Dramatische
Konsequenzen" möglich
Nach Ansicht von PwC kann
dies für die Badenia juristisch dramatische Konsequenzen haben. Zwar
habe die Bausparkasse bisher fast alle Prozesse für sich entscheiden
können. Hierbei sei aber unter anderem zu berücksichtigen, dass den
Darlehensnehmern nicht die erforderlichen Hintergrundinformationen über
das Verhältnis der Badenia zu Heinen & Biege vorlagen.
PwC hat das Gutachten für den Vorstand im August 2002 fertig gestellt.
Die Öffentlichkeit und die Gerichte erfuhren von der Studie jedoch
bislang nichts.
Der Vorstandschef der Bausparkasse, Dietrich Schroeder, sagte Ende
Oktober der SZ: Die Badenia hat die Immobilien finanziert, nicht aber
vermittelt. Am Freitag gab die Badenia zu Fragen der SZ keine
Stellungnahme ab.
Der frühere Bundesinnenminister, Rechtsanwalt Gerhart Baum, verlangt
deshalb den Rücktritt des Vorstands. Die 2001/2002 neu gebildete
Führungscrew der Badenia hat offensichtlich nichts dazugelernt, obwohl
sie genau informiert war, sagte Baum, der zusammen mit dem Düsseldorfer
Rechtsanwalt Julius Reiter etwa 300 Badenia-Kunden betreut.
Gutachten sollte ja nicht bekannt werden
Nach Ansicht von Baum hat
sich der Badenia-Vorstand offensichtlich darauf verlassen, dass das
Gutachten nicht bekannt wird.
Der Rechtsanwalt fühlt sich nun in seiner
Ansicht bestärkt, dass die Badenia die Wohnungen zurücknehmen und die
Geschädigten aus ihren Verpflichtungen entlassen muss.
Edda Castello, Finanzexpertin der Verbraucherzentrale Hamburg, warf der
Bausparkasse vor, kaltschnäuzig Kunden hinters Licht geführt und damit
viele Verbraucher in finanzielle Not gestürzt zu haben.
Ansgar Staudinger, Professor für Bürgerliches Recht und Wirtschaftsrecht
an der Universität Bielefeld, sagte:
Zwischen dem, was die Führungsebene der Badenia intern wusste und was
in den Gerichten als Beweismaterial bislang zur Verfügung stand, besteht
offensichtlich ein großer Widerspruch. Das Nichtwissen der Anleger und
der Gerichte über die enge Zusammenarbeit zwischen der Bausparkasse und
dem Vertrieb hat sicherlich dazu geführt, dass die Badenia
beziehungsweise der Vertrieb bislang vor Gericht fast immer ungeschoren
davonkamen.