"... das wenden die Leute
heut' ein: Der Vermittler damals hat gesagt, brauchst' dich darum nicht zu
kümmern, brauchst' auch kein Geld zu haben. Das regelt sich alles von selber.
Und lass' 20 Jahre 'rumgehen, dann gehört dir die Hütte und du hast 'ne prima
Altersversorgung. Und dann frag' ich mich immer: Wer ist denn so blauäugig? Denn
- wenn das zuträfe - dann kann er sich die
ganze Bundesrepublik kaufen." (O-Ton
BADENIA-Chef Dietrich Schröder in der ZDF-Sendung Mona-Lisa am 30.10.2004
"Auf Sorgen
und Nöte vieler Menschen nicht eingegangen"
Die Bausparkasse
Badenia gerät wegen der systematischen Finanzierung von so genannten
Schrottimmobilien immer stärker unter Druck. Jetzt hat der frühere
Bundesinnenminister, Rechtsanwalt Gerhart Baum, den Rücktritt des
Badenia-Vorstands gefordert.
In der
Badenia-Zentrale in Karlsruhe scheint sich das Management derzeit in
einer Disziplin zu üben, die der frühere Bundeskanzler Helmut Kohl
meisterhaft beherrschte: das Aussitzen von Problemen. Auch nachdem
die Süddeutsche Zeitung (SZ vom 16./17. 10) und der Südwestrundfunk
(SWR) über die dubiosen Geschäfte der viertgrößten deutschen
Bausparkasse bei der Finanzierung überteuerter Eigentumswohnungen
berichtet hatten, wird bei dem Finanzinstitut nach wie vor
Altbekanntes beteuert.
Die Badenia habe "die Immobilien finanziert, nicht aber vermittelt"
und befinde sich "rechtlich auf sicherem Boden", heißt es in einem
Schreiben des Vorstandsvorsitzenden Dietrich Schroeder an die SZ.
Doch zwischen dem, was extern kommuniziert und hausintern
festgestellt wird, scheint es gewisse Unterschiede zu geben. Der SZ
und dem SWR liegt ein interner Revisionsbericht der Badenia vor.
Danach war der frühere Finanzvorstand der Bausparkasse, Elmar
Agostini, sogar mit einer eigenen Firma an den umstrittenen
Wohnungsverkäufen beteiligt. Laut dem Bericht hat dieses Unternehmen
Wohnungen zu einem überhöhten Preis an eine Firma der inzwischen
insolventen Heinen & Biege Gruppe (H & B) veräußert.
"Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Agostini"
H & B war der
Hauptvermittler beim Verkauf der überteuerten Eigentumswohnungen an
Kleinverdiener. In dem Revisionsbericht heißt es wörtlich: "Der
Verkehrswert der vier Wohnungen wurde von Herrn Agostini mit 2,050
Millionen DM angegeben. Nach unserer Meinung dürfte die Einschätzung
des Verkehrswertes in Durmersheim deutlich über den damals
erzielbaren Marktpreisen gelegen haben." Und weiter: Einen
Badenia-Kredit für den Ankauf in Höhe von 1,4 Millionen DM habe
Agostini in seiner Funktion als Kreditvorstand "selbst bewilligt".
Den Auftrag für die Prüfung erhielt die interne Revision am 19. März
2001. Wenige Tage später musste Agostini seinen Stuhl räumen. Ein
Zufall? Badenia-Chef Schroeder will zum Fall Agostini nichts sagen,
da derzeit gegen den Ex-Manager ein Verfahren läuft.
Gegen Agostini ermittelt die Schwerpunktstaatsanwaltschaft für
Wirtschaftsstrafsachen in Mannheim wegen Betrugs. Die
Staatsanwaltschaft wirft der Bausparkasse vor, seit Anfang der
neunziger Jahre Immobilien zu überhöhten Preisen finanziert zu
haben. Das Kaufangebot der Eigentumswohnungen habe sich vor allem an
einfache Leute mit geringen Einkommen gerichtet.
Die Vermittler hätten
den gutgläubigen Käufern meist bei Besuchen zu Hause vorgegaukelt,
dass sich die Investition über Steuerersparnis und Mieten quasi von
selbst finanziere. Viele der Käufer stehen mittlerweile vor dem
finanziellen Ruin. Den Schaden für die Anleger beziffern die
Ermittler mit rund 340 Millionen Euro.
Die Badenia gibt sich auch in anderen Dokumenten teilweise
selbstkritisch. In einer Vorlage für das stellvertretende
Vorstandsmitglied Adolf Brockhoff heißt es über ein Objekt in
Delmenhorst: "Die Badenia hat sich hier nichts vorzuwerfen, außer
der internen Erkenntnis, dass man keine Kapitalanlegerwohnungen in
ungeeigneten Hochhäusern in peripheren Lagen finanzieren sollte."
Rechtsanwalt Julius Reiter, dessen Kanzlei zusammen mit Baum etwa
300 Badenia-Kunden betreut, hält es deshalb für unverständlich,
"dass sich der Vorstand Schroeder nicht offen zu den Fehlern der
Vergangenheit bekennt und versucht, die Altlasten zu bereinigen.
Stattdessen führt die Badenia die juristischen Grabenkämpfe auf den
Rücken der geprellten Kunden weiter". Nach Angaben von Reiter wollen
"viele Opfer längst nicht mehr Schadensersatz, obwohl sie sich
betrogen fühlen. Sie wollen aber finanzielle Planungssicherheit und
einen Schlussstrich, mit dem die Immobilien- und Schuldenfalle
beendet wird".
"Ein Armutszeugnis"
Badenia-Vorstandschef
Schroeder sagt dagegen: "Die Badenia hat wiederholt unter Beweis
gestellt, dass sie Sanierungs- und Abfindungsvergleiche, wenn es
wirtschaftlich geboten ist, vorantreibt." Aus internen Papieren der
Bausparkasse geht jedoch hervor, dass bis Herbst 2004 "nur 45
Erledigungs- und 32 Sanierungsvergleiche" geschlossen wurden, obwohl
"Fälle mit psychosozialem Hintergrund und Krankheiten" bevorzugt
bearbeitet werden müssten und Berichtspflicht gegenüber dem
Aufsichtsrat bestehe.
Reiter hält diese Zahl von Vergleichen angesichts von mehr als 8000
potenziell geschädigten Kunden für ein "Armutszeugnis". Genauso
sieht es sein Kollege, Ex-Minister Baum: Seiner Ansicht nach ist die
Badenia "anders als andere Banken auf die Sorgen und Nöte vieler
Menschen nicht eingegangen". Er hat Wolfgang Kaske,
Aufsichtsratschef der AMB Generali, dem Mutterkonzern der Badenia,
aufgefordert, "die jetzige Leitung der Badenia unverzüglich
abzulösen, um weiteres Unheil zu verhindern".