Tod von Anja S. zwingt Badenia zum Nachdenken
Bausparkasse weicht von bisher harter Linie ab und
will nun "Probleme der Vergangenheit fair abarbeiten"
Von unserem Redaktionsmitglied Manfred Schweidler
Karlsruhe/Würzburg Die Bausparkasse Badenia hat im Streit um
Immobilienfinanzierungen Kompromissbereitschaft gezeigt. Es habe in der
Vergangenheit möglicherweise "einen Deut zu viel Bürokratismus" gegeben,
räumte Vorstandsvorsitzender Dietrich Schroeder ein. "Wir wollen Probleme
aus der Vergangenheit fair und gerecht abarbeiten, und das mit
kaufmännischer Vernunft", erklärte jetzt der Chef des Karlsruher
Unternehmens. Dazu gehöre es, zahlungsunfähigen Kunden mit einem
Vergleichsangebot entgegenzukommen, um eine zügige Abwicklung zu
ermöglichen. Der tragische Fall der Würzburger Krankenschwester Anja S. (wir
berichteten) hatte die Bausparkasse in der Öffentlichkeit in Bedrängnis
gebracht. Die 28-Jährige war durch scheinbar niedrige Finanzierungsraten zum
Kauf einer Immobilie verlockt worden, für die ihr Einkommen nicht
ausreichte. Erst im Lauf der Zeit stiegen die Raten und drehten ihr - wie
einer Reihe weiterer Kunden mit kleinem Einkommen - allmählich finanziell
den Hahn ab. Schließlich waren die Schulden auf 70 000 Euro angewachsen, ein
gewaltiger Berg für das Gehalt einer OP-Schwester. Hartnäckig bestand die
Badenia auf Zahlung. Der Gerichtsvollzieher kam zum Pfänden. Da sah die
junge Frau keinen Ausweg mehr und nahm sich das Leben.
Badenia-Chef Schroeder sagt, der Tod von Anja S.
habe ihn und seine Mitarbeiter "tief erschüttert und nachdenklich gemacht".
Er wandte sich aber gegen pauschale Fonds-Lösungen. Jeder Fall müsse einzeln
geprüft werden, sonst bestünde die Gefahr, dass "ein Schneebrett"
losgetreten würde. Nicht jeder zahlungsunwillige Kunde sei auch tatsächlich
zahlungsunfähig. Hartnäckig besteht der heutige Badenia-Chef darauf: "Wir
haben finanziert, nicht vermittelt." Keine gute Ausrede. Denn der
Ex-Vorstand Elmar Agostini soll mit der Vermittlungsfirma Heinen & Biege, in
deren Beirat er saß, gemeinsame Sache gemacht haben. Angeblich belegt sein
Briefverkehr mit der Geschäftsleitung des Vertriebes, dass man in Karlsruhe
über das Risiko solcher Geschäfte Bescheid wusste. Inzwischen ermittelt die
Staatsanwaltschaft Mannheim wegen Betrugs und Untreue gegen ehemalige
Mitarbeiter der Badenia. Den Vorwurf des ehemaligen Bundesinnenministers
Gerhart Baum (FDP), die Badenia habe mit unseriösen Finanzierungsangeboten
an Tausenden von Geringverdienern Immobilienbetrug begangen, weist Schroeder
zurück.
Baum vertritt mit der Kanzlei Reiter & Collegen
Badenia-Kunden, darunter Anjas Vater. Schroeder räumte ein, die Badenia habe
in den 90er Jahren, wie viele andere Geldinstitute, an die positive
Entwicklung des Immobilienmarkts geglaubt: "Die Vergangenheit der
Immobilienpreise wurde auf die Zukunft extrapoliert. Das war der
Kardinalfehler." Die Immobilienpreise seien ebenso zusammengekracht wie die
Börsenkurse. "Damit hat sich die Vermögenssituation unserer Schuldner ganz
gravierend verändert." Auch die Badenia selbst habe die veränderte
Wirtschaftslage stark zu spüren bekommen. "Die Zinsmarge ist dramatisch
geschrumpft. Daher müssen wir kostengünstig sein, wo immer wir kostengünstig
sein können. Wir haben unsere Verwaltungskosten seit 2002 um etwa 25 Prozent
reduziert." Die Zahl der Mitarbeiter sank um ein Drittel auf gut 600.